Freitag, April 19, 2024
Reiseberichte

Betriebsausflug London Sonntag

Heute stand dann auch das Spiel an, weswegen wir hierher geflogen waren – die sogenannte „International Series“. Das „Nal“ verdecken die beiden Raucher, aber ich wollt sie auch nicht verscheuchen. Außerdem sind auf dem Bild gefühlt 10.000 Leute in unserem Rücken und um uns herum nicht zu sehen, so dass es wirklich nur eine Momentaufnahme war.

Doch von Anfang an: die Fahrt mit der U-Bahn war entspannt – nur ein paar neben uns stehende Deutsche waren sehr extrovertiert (ich drücks mal positiv aus). Eigentlich war ja mein Plan, jedem, der nach Football Fan aussieht und deutsch spricht, eine Visitenkarte zur Werbung für die Seite hier in die Hand zu drücken.

Der Plan wurde dann sofort gestrichen, nachdem die doch eher nervig waren. Dabei waren sie weit über 50, aber selbst da kann man noch negativ auffallen. Der Rest der „Fahrgemeinschaft Football“ war aber absolut entspannt.

Nachdem ich in Patriots-Ausrüstung ging, hätte man ja erwarten können, dass die Fans des Erzrivalen Jets oder selbst die Dolphins Anhänger, die anderen Konkurrenten aus der AFC East, etwas sticheln oder rummaulen würden. Aber kein bißchen – es gibt sicher auch Leute, die das bedauern, aber ich find es angenehm.

Kaum ausgestiegen wurden wir auch schon von diversen Schwarzmarkthändlern angesprochen. Das scheint in England auch keinen zu stören – sprich erlaubt zu sein. Wir hatten aber beim offiziellen Schwarzmarkthändler viagogo Tickets hinterlegt. Die hatten sich gleich eine „Suite“ im benachbarten Holiday Inn geleistet. Wobei die Suite tatsächlich nur ein Konferenzraum war – und der Ticketmensch ein Deutscher.

Es gab übrigens noch bis zum Anpfiff über den offiziellen Händler Ticketmaster (teure) Karten, nachdem zunächst schon im Januar ausverkauft gemeldet worden war (und der Ticketvorverkauf ohne Vorankündigung gestartet worden war – danke für diesen Schwachsinn nochmal @NFL).

 

Um die Ecke hätte es dann im Hotel der Billigkette Hilton das „Gold Parking“ gegeben. Jetzt hatten wir eh kein Auto dabei, aber es wär schon interessant gewesen, was das so kostet. Das „Red Parking“ ein Stück weg kostete jedenfalls 30 Pfund – also momentan ca. 40 Euro. Aber den Autos nach zu urteilen, die dort vorfuhren, konnten es sich die Insassen gerade so noch leisten.

Die NFL verspricht „epische Spielzüge“. Da waren wir uns nicht so sicher…und sollten nachher auch bestätigt werden, was zumindest die Dolphins anging.

Ansonsten hatte die Liga wieder das übliche und bewährte Programm zusammen mit ihren vielfältigen Sponsoren aufgefahren. Wenn man das erste Mal da ist, kann man sich das mal genauer ansehen. Der „Fan Plaza“ besteht aus ein paar Mitmachgeschichten, für die man lange anstehen darf, vielen Merchandising und noch mehr Ess-Ständen. Was halt Geld bringt.

Wir steuerten stattdessen lieber unseren Kaffeeröster an, der dort auch vertreten ist. Nicht, dass die plötzlich pleite gehen, weil unser Geld ausbleibt.

Die NFL hatte auch wieder das richtige Wetter eingekauft. Ich glaube wir hatten lediglich ein von insgesamt sechs oder sieben Besuchen das verrufene „Londoner Wetter“. Das sollte also niemand von einem Besuch abhalten.

Heute war wieder eitel Sonnenschein angesagt und durch den früheren Kickoff um 14:30 Uhr Ortszeit, der uns entegegen kam (aber bei den Westküsten-Amis dank Ortszeit 06:30 Uhr!!! gehasst wird), konnten wir diesmal auch bei Sonnenschein raus, was dank der Zuschauermassen deutlich angenehmer ist.

Ein Highlight für mich ist immer das Absingen der Hymnen – vor allem der britischen. In den Anfangsjahren hatte ich immer das Gefühl, dass mehr Ausländer – und vor allem Deutsche – als Briten im Stadion sind. Die Wahrnehmung hat sich auf jeden Fall geändert. Das „God save the Queen“ kommt aus gefühlt 50.000 der ca. 84.000 Zuschauer.

Spielverlauf Dolphins – Jets

Die Aussage auf der Anzeigentafel war Programm: die Jets waren stärker – und nicht nur ein klein wenig.

Im Vorfeld war man sich bei meinen Podcastern einig, dass Miamis Coach Philbin bei einer Niederlage entlassen wird. Die Jets waren jedoch bei den Buchmachern leicht favorisiert (-1.5 Punkte).

Irgendwie war ich zusammen mit meinen Experten der Meinung, dass die Dolphins in London das Ruder herumreissen. Es kam aber ganz anders:

Zunächst einmal brachte ein Fed Ex-Mann den Spielball. Eine Werbeaktion mit der die Zuschauer gleich mal für dumm verkauft werden. Den „einen“ Spielball gibt es nicht – jede Mannschaft hat ihre vorbereiteten Bälle für den Angriff und davon um die 20 (die genaue Zahl weiß ich nicht, aber es ist deutlich mehr als einer…). Was tut man nicht alles für ein paar Werbeeinnahmen.

Ich würde das nie machen.

Ich hab übrigens ein  rechts Amazon Banner über das man tolle Sachen einkaufen kann *g*. Und so kann ich diesen extravaganten Aufenthalt im Billighotel weit ab der Innenstadt auch im Folgejahr wieder angehen.

Außerdem wurde einem beim Einlauf der Teams wieder einmal bewusst, wie groß so ein Betreuerstab einer Mannschaft ist. Es liefen nämlich ungefähr genauso viele „Zivilisten“ ein wie Spieler. Und so ein Kader umfasst ja am Spieltag 46 Spieler.

Starten durften die Dolphins im Angriff – mit einem stotternden Motor. Pass – Lauf – Passversuch – Punt. Alles andere, als vielversprechend. Oder irgendwie schon, diese Abfolge kam nämlich ein ums andere Mal, als die Dolphins im Angriff waren. Das war sowas von schlecht und allein schon Grund genug, Philbin zu feuern.

Die Jets machten das viel besser: kraftvolle Läufe von RB Chris Ivory, dem Star des Spiels, wechselten sich mit Pässen von QB Ryan Fitzpatrick, dem Mann mit einem der lustigsten Spitznamen der NFL ab („Amish Rifle“ – das Gewehr der Amish). Das sah alles sehr effektiv aus und die Dolphins Defensive Line schaffte es nicht, Druck aufzubauen. Ndamukong „A boy named“ Suh, seit dem Sommer teuerster Defensivspieler aller Zeiten, tauchte erst auf, als das Spiel eigentlich schon entschieden war, und Cameron Wake, der die letzten Jahre wirklich viele Sacks schaffte, habe ich überhaupt nicht gesehen. Wenn er dabei war, dann hab ich selten einen unauffälligeren Auftritt von ihm gesehen.

Dazu kam, dass die Offensive Line der Dolphins auch nur in Teilen nach London gereist zu sein schien. Wahrscheinlich hatten ein paar Flugangst. Anders ist fast nicht zu erklären, dass QB Ryan Tannehill fast immer im Angesicht eines durchbrechenden Verteidigers passen musste. Kam dann ausnahmsweise mal kein Defender durch, war er wohl zu überrascht und versaute dadurch einen möglichen Raumgewinn.

Die beste Leistung für die Dolphins lieferten übrigens die Schiedsrichter ab: sobald Tannehill doch einmal einen weiten Pass versuchte, flog auch pünktlich eine Flagge wegen Passbehinderung gegen die Jets. In einem Fall konnten wir nicht einmal in der 3. Wiederholung erkennen, wo da ein Foul vorgelegen haben könnte. Aber die Refs hatten wohl Mitleid mit Miami – schließlich war es ja ein Heimspiel für die und die Liga will generell viele Punkte.

Der Rest ist schnell erzählt: die Jets haben hochverdient gewonnen und dürfen mit einer Bilanz von 3-1 zurück nach New York in die Pause fliegen.

Die Dolphins dagegen sind 1-3 (und der eine Sieg gegen Washington war glücklich). Zumindest kann man sich ein Flugticket für den Coach sparen. Joe Philbin hat sich einen ausgedehnten Urlaub verdient – und Miami einen neuen Trainer.

Und falls das etwas bitter klingt – die Dolphins waren einer meiner 3 Tipps in der Premium Sektion. Die Jets sind wahrlich keine Übermannschaft, aber mit so einem Auftritt der Dolphins nicht zu schlagen.

Wir geniessen jetzt noch den Red Zone Channel – die Bundesligakonferenz der NFL – in unserem Hotel. Das nehmen wir auch nächstes Mal wieder, falls die Sirenen NFL im kommenden Jahr wieder „London Calling“ rufen sollten.

Natürlich hoffen wir weiter auf ein Spiel in Deutschland, aber das wird wohl noch eine Weile dauern. Werden wir doch wieder kommen müssen (wie die anderen 83984). Hilft ja nix.

Cheerio London!